

Konfuzius-Institut München: Eisvogelfedern und Nashorn. Die Herstellung luxuriöser Artikel aus Tierteilen im alten China
10. Oktober, 19:30 bis 20:30
| KostenlosDie chinesische Zivilisation zählt zu den ältesten kontinuierlichen Kulturen der Welt, und ihr Verständnis von Natur, Tier und Mensch ist tief geprägt von Symbolik, Philosophie und Alltagspraktiken. Tiere spielten in diesem Kontext eine weit über ihre biologische Funktion hinausgehende Rolle: Sie wurden zu Trägern von Bedeutungen, zu Mittlern zwischen Weltbildern und nicht zuletzt zu Rohstoffen für die Herstellung kunstvoller Luxusgüter.
In ihrem Vortrag widmet sich Dr. Chiara Bocci zwei besonders auffälligen Beispielen: dem majestätischen Nashorn und dem schillernden Eisvogel. Während das Horn des Nashorns als medizinisch wirksam, wertvoll und machtsymbolisch verehrt wurde, galten die irisierenden Federn des Eisvogels als Inbegriff vollkommener Schönheit. Beide Tiere fanden Verwendung in der Herstellung von Objekten, die nicht nur Luxusartikel waren, sondern auch Status, Harmonie und kosmische Ordnung verkörperten: sei es in Form von Haarnadeln, Gürtelschließen oder Stoffverzierungen.
Im Zentrum des Vortrags stehen literarische, medizinische und enzyklopädische Quellen aus der Tang-Zeit (7. bis 10. Jahrhundert), insbesondere Duan Chengshis Youyang zazu, eine Sammlung kurioser und gelehrter Notizen, in der sich medizinisches Wissen, Volksglaube und materielle Kultur überlagern. Die Analyse dieser Texte eröffnet einen faszinierenden Einblick in ein Weltbild, das Tiere nicht nur als Wesen, sondern als kulturelle Ressource versteht – zwischen Nützlichkeit, Ästhetik und metaphysischer Bedeutung.
Dr. Bocci zeigt in ihrer kulturhistorischen Annäherung, wie sehr die Verwendung von Tierteilen in Objekten der Tang-Zeit Ausdruck komplexer kultureller Praktiken war: von Vorstellungen über den Körper und die Natur bis hin zu sozialen Hierarchien, Schönheitsidealen und religiösen Denkfiguren. Der Vortrag spannt dabei einen Bogen von materiellen Objekten hin zu immateriellen Werten und lädt dazu ein, das Verhältnis von Mensch und Tier im historischen China neu zu betrachten.
Über die Referentenin:
Dr. Chiara Bocci lehrt und forscht am Institut für Sinologie der Ludwig-Maximilians-Universität München. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen auf Tierdarstellungen in der chinesischen Literatur, der Geschichte der chinesischen Medizin (Materia Medica) sowie dem kulturellen Wissenstransfer zwischen China und Europa. Sie beschäftigt sich unter anderem mit der Rolle von Tieren in der chinesischen Wissensgeschichte und mit historischen Quellen der Tang-Zeit.