Die weltweite Pandemie hat auch China und Deutschland fest im Griff. Deshalb sind neue Wege gefragt. Wie Sourcing-Strategien für China und Auswirkungen durch Covid-19 aussehen könnten und was dies für die Kunden und Märkte in Deutschland bedeutet, analysierte Frau Xia Xu-Fees, Geschäftsführerin von China Business Upgrade Training and Consulting, im gut besuchten virtuellen Seminar am 29. April.

Zunächst stellte sie die Frage, ob die Pandemie wirklich das Ende der Globalisierung bedeutet. Dazu zeichnete sie die aktuellen Marktgegebenheiten auf. Heute können drei globale Sourcing-Regionen ausgemacht werden: 1. Europa/USA/Japan/Südkorea, 2. China/Asien und 3. Russland/Naher Osten/Australien/Südamerika. Sie stehen für High-Tech und Schlüsselkomponenten (Region 1), für Verarbeitung, Montage und Herstellung (Region 2) oder Energie und Rohstoffe (Region 3).

China hat eine immense Bedeutung für die Weltwirtschaft. Die drei wichtigsten Einzelprodukte für den Export Chinas waren 2018: Mobiltelefone, Maschinen und Geräte zur Datenverarbeitung und Bestandteile von Telefonen und kabellosen Empfangsgeräten. Umgekehrt hat Deutschland im vergangenen Jahr elektronische Bauteile und andere Vorprodukte importiert.

Deshalb wirkt sich die derzeitige Situation auf alle Länder inklusive Deutschland aus. In einer Befragung geben deutsche Unternehmen an, wie sie die Folgen von Covid-19 im Geschäftsleben spüren. Besonders häufig genannt wurden: Reiseeinschränkungen, eine gesunkene Nachfrage sowie Auftragsstornierungen. Ebenso werden Investitionen verschoben oder gestrichen.

Kommt es jetzt zum Ende des China-Booms? Die Meinungen von Experten und Medien sind geteilt. Sie reichen von „Niemand wird sich mehr nach der Krise auf China verlassen wollen“ bis zu „Es wird sich nichts fundamental verändern.“ Frau Xu-Fees schätzt, dass Chinas Bedeutung als Produzent und Absatzmarkt in den nächsten Jahren eher noch wachsen wird. Anhand des Beispiels Daimler erläuterte sie, dass es nicht möglich sei, komplexe mehrstufige Lieferketten zu ersetzen.

Aber wie geht es weiter? Während der Krise muss jedes Unternehmen für sich die passende Strategie finden. Hier spielen Kostendruck und Fertigungskosten eine große Rolle. So besteht die Gefahr, dass Niedrig-Lohn-Produkte wesentlich günstiger in Ländern wie Vietnam oder Mexiko gefertigt werden. Deshalb müsse China eine veränderte Wettbewerbsgrundlage finden, die auf der Kostenstrategie und auf anspruchsvollere Produktionsqualität abzielt. Made in China 2025 gibt dazu die Richtung vor: Mit „Created in China“, „Chinese quality“ und „Chinese brands“ sind eindeutig die Ziele festgelegt.

Wird es chinesischen Lieferanten gelingen, sich neu aufzustellen und in den kommenden Jahren zunehmend High-Tech zu wettbewerbsfähigen Preisen zu produzieren? Dazu muss man sich die Change-Treiber in der chinesischen Auto-Zuliefer-Industrie ansehen. Hier gehören der Handelskrieg zwischen China und der USA, die Fortentwicklung neuer Antriebsarten und die Förderung chinesischer Übersee-Investitionen dazu.

Die Expertin erläuterte vier Szenarien, denen allen zwei zentralen Fragen zugrunde liegen: Wie stark wird die chinesische Regierung die lokalen Unternehmen in ihrer technologischen Fortentwicklung auch durch Förderung von Übersee-Investitionen massiv unterstützen? Inwieweit können die chinesischen Unternehmen aus eigener Kraft technologisch eine Spitzenstellung erreichen?

Die beiden entgegengesetzten Szenarien würden so aussehen: Bei voller staatlicher Unterstützung und innovativem Fortschritt wäre China Haupt-Sourcingmarkt für Mid- und High-Tech-Komponenten und würde sich Basis- und Mid-Tech-Komponenten in Low-Cost-Ländern beschaffen (Szenario A). Bei Szenario D gäbe es keine staatliche Unterstützung und stagnierenden technologischen Fortschritt. Bei dieser Annahme wäre China Sekundär-Sourcingmarkt für Basis- und Mid-Tech-Komponenten und würde sich High-Tech-Teile in Industrienationen beschaffen.

Was wird in den nächsten zehn Jahren geschehen? Deutsche Unternehmen müssen heute überlegen, auf welches Szenario sie setzen und auf welche Annahmen sie sich dabei stützen. Im Lauf der Zeit müssen die Annahmen hinterfragt und angepasst werden.

Die anschließende rege Diskussion moderierte Stefan Geiger, Geschäftsführer und Vorstandsmitglied des Chinaforum Bayern e.V.

China@Home am 29.04.2020: „Das Ende der Globalisierung? Sourcing-Strategien für China und Auswirkungen durch Covid-19“

Autorin: Sigrid Eck